Der Tumulus aus der Hallstattzeit (ca. 650 v. Chr.)

„Kalvarienberg“ 

um 650 v. Chr. In der Älteren Eisenzeit, der sogenannten Hallstattzeit (ca. 800-475 v. Chr.)legte man denheute noch ca.4 m hohen Grabhügel an, in dem die Urne eines lokalen Fürsten aus dieser Epoche, der seinen Sitz vermutlich im Ortsgebiet von Pillichsdorf hatte, samt Grabbeigaben bestattet wurde. Später begrub man die Urne einer weiteren Person. Der Tumulus wurde schon in historischer Zeit beraubt, da in der aus Holzbalken gezimmerten Grabkammer nur wenige Bruchstücke aus Metall vorhanden waren. Die Siedlung der Hallstattzeit lag vermutlich im Bereich Hofwiese und Sätzen. Gräber von einfachen Bewohnern dieses Ortes wurde in der Wolkersdorfer Straße entdeckt.

Die Hallstattkultur – seit 1874 benannt nach dem besonderen Fundort Hallstatt in OÖ – entstand aus der vorangegangenen bronzezeitlichen Urnenfelderkultur und war zunächst relativ einheitlich. Später entwickelten sich viele verschiedene Zentren. NÖ wird zum Osthallstattkreis gezählt, der enge Kulturkontakte zu Steppenvölkern im Osten hatte. Besonders auffallend ist das Hervortreten einer adeligen Herrenschicht, die auch Einflüsse aus dem Mittelmeerraum aufnahm. Die Bestattungsriten waren innerhalb der Siedlungsgebiete der Hallstattkultur sehr unterschiedlich. Im Osthallstattkreis war es Sitte, die Verstorbenen mit Kleidung, Schmuck und Waffen zu verbrennen. Es dürfte ausgiebige Totenfeiern gegeben haben.Im Weinviertel findet man meist einzelne Großgrabhügel.

Häufig nützte man für die Errichtung von Tumuli topographische Gegebenheiten, z.B. Bodenwellen oder Geländestufen, um den Grabhügel höher und imposanter erscheinen zu lassen. Die Verstorbenen aus der Oberschicht der Hallstatt-Siedlungen wollten über den Tod hinaus auf ihre Untertanen „hinabblicken“ bzw. von diesen „gesehen werden“.

2. Jh./3.Jh. n. Chr.Anlage von Gräbern südöstlich des Tumulus durch germanische Siedler

Im Mittelalter wurde der Hügel aufgeschüttet, es ist jedoch nicht bekannt zu welchem Zweck. (Fund von mittelalterliche Scherben in der obersten Schicht durch Franz Heger 1878)

1728 Auf der vom kaiserlichen Hofmathematiker Jakob Marinoni angefertigten Jagdkarte für Kaiser Karl VI. erscheint zum ersten Mal die Bezeichnung „Calvariberg“ für den Tumulus, der bis heute Kalvarienberg genannt wird.

1809 Von 5. bis 6. Julitobte die blutige Schlacht bei Wagram zwischen den Truppen Kaiser Napoleons von Frankreich und den österreichischen unter Erzherzog Karl in der Ebene zwischen der Lobau und Deutsch-Wagram. Insgesamt waren über 300.000 Soldaten daran beteiligt, ca. 12.000 von ihnen verloren dabei ihr Leben. Die Niederlage der Österreicher beendete den 5. Koalitionskrieg.In dieser Zeit soll Kaiser Franz I. den Fortgang der Schlacht mit Hilfe eines Teleskops vom Pillichsdorfer Tumulus aus beobachtet haben. Die Föhrenwälder südlich der Ortschaft existierten damals noch nicht – sie wurden erst um 1890 angelegt, um die Flugsandbildung zu verringern – und so hatte der Kaiser freie Sicht.

1835 Erste Erwähnung der barocken Steinfiguren der Hl. Maria und des Hl. Johannes an diesem Standort bei Franz Schweickhardt (siehe Quellen). Sie waren wohl Bestandteil einer Kreuzigungsgruppe. Man beachte die Schrauben am Hinterkopf der Statuen, dort war jeweils ein Heiligenschein aus Blech angebracht! Ob die Plastiken bereits im 18. Jahrhundert auf dem Kalvarienberg aufgestellt wurden oder etwa an einem anderen Ort, ist unbekannt. Ebenso ist nicht klar, ob das im Turmraum der Pillichsdorfer Kirche aufgestellte Steinkreuz zu dieser Kreuzigungsgruppe gehörte.

1878 Im Sommer dieses Jahres, vom 26.6. bis 18.7., wurde unter der Leitung des Völkerkundlers und Museumsbeamten Franz Heger (1853-1931) der Grabhügel geöffnet und archäologisch untersucht. Die Grabung fand im Auftrag des Hofrats von Hochstetter (Obmann der prähistorischen Kommission der k. k. Akademie der Wissenschaften) statt. Die Kosten trug die Akademie der Wissenschaften. Damalskamen Bruchstücke von ca. 30 Gefäßenzum Vorschein, die sich heute im Naturhistorischen Museum in Wien befinden. Insgesamt waren es rund 2000 Scherben, etwa 17 Gefäße konnten daraus zusammengesetzt werden. Neben einheimischer Keramik war darunter auch eine bunte, aus Süddeutschland stammende Hochhalsschüssel. Es handelt sich um zwei Urnen sowie Ess- und Trinkgeschirr. (Grabbeigaben)

1959 Aus Anlass des Jubiläums „150 Jahre Schlacht bei Wagram“ wurde das ehemalige Schlachtfeld mit Gedenkstätten an 16 Orten markiert. Im Rahmen diese Projekts errichtete man auf dem Pillichsdorfer Tumulus ein Denkmal, das an die Anwesenheit Kaiser Franz´ I. hier erinnert.

1974 In diesem Jahr wurde eine Kellergrube aus der Hallstattzeit auf der Hofwiesegefunden. Es erfolgte eine archäologische Grabung unter Beteiligung vieler Freiwilliger aus Pillichsdorf. (Funde im Pillichsdorfer Turmmuseum).

1978 wurde auf der Wolkersdorfer Straße ein Brandschüttungsgrab aus der Hallstattzeit gefunden. (Teile des Inventars im Turmmuseum!)

2012 erfolgte die Restaurierung der barocken Figuren durch die Gemeinde Pillichsdorf.

2013 wurde eine Informationstafel angebracht. Eine botanische Besonderheit, die in Pillichsdorf nur hier zu finden ist, ist das Federgras („Frauenhaar“), das vorwiegend auf Trockenrasen gedeiht.CJP

Quellen:

Dehio Handbuch Niederösterreich Nord. 2010, S. 254-255

Dirnwöber, Martin: Kleiner Führer durch das Pillichsdorfer Turmmuseum. Pillichsdorf 1984

Heger, Franz: Der Tumulus bei Pillichsdorf. In: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Wien 1880

Hösch, Rudolf: Heimatbuch der Marktgemeinde Pillichsdorf. 1987

Kaus, Karl: Chronologie und Bestattungssitten der Hallstattkultur in Niederösterreich und im Nordburgenland. Phil. Diss. Wien 1973

Kühtreiber, Karin u. Thomas; Reichhalter, Gerhard: Burgen im Weinviertel. hg. v. Falko Daim. 1. Aufl. 2005

Lauermann, Ernst: Jahrtausenden auf der Spur. Ein Begleitbuch zur Landessammlung im NÖ Museum für Urgeschichte in Asparn/Zaya. hg. v. NÖ Museum f. Urgeschichte 2009, S. 122-145

Neugebauer, Johannes-Wolfgang: Wehranlagen, Wallburgen, Herrensitze sowie sonstige Befestigungen und Grabhügel der Urzeit, des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit im pol. Bezirk Mistelbach. In: Veröffentlichungen der Österr. Arbeitsgemeinschaft für Ur- und Frühgeschichte. Band XI-XII. Wien 1979, S. 103-107

Religiöse Denkmäler in Pillichsdorf. Zeugen des Glaubens in der Vergangenheit und für die Zukunft. hg. v. d. Pfarre Pillichsdorf 2009

Schweickhardt, Franz: Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens . VUMB. Bd. 5. 1835, S. 90-101

  • 01.Tumulus01.Foto.C.Preyer.2009
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  • 21+Grabhuegel-Skizze
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  • 23+Tumulus.Funde.H%c3%b6sch.S.40.Foto.Dirnw%c3%b6ber
  • F.v.Hochstetter
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